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Die Nadeln und die NadelfaLrikation.

dies auch von Frauenspersonen verrichtet werden könnte, im Falle sie Willens wären, die erforderliche Lehrzeit von mehreren Jahren zu bestehen. Indessen werden in Stahlmanufacturen Frauenspersonen meistens mit dem Einwickeln der fertigen Waaren in Papier u. dgl. und dem Verpacken derselben beschäftigt. In einer der größeren Schmiedewerkzeugfabriken Amerika's, in welcher 600 Arbeiter thätig find, sind aber nur 6 Frauenspersonen mit der eben zuletzt erwähnten Verrichtung betraut.

473. Die Nadeln und Nadelfabrikation. Es giebt wohl kaum einen Gegenstand, der so gering geachtet und doch von einer so großen Bedeutung für die gesammte Frauenwelt wäre, als die Nadel. Näh-, Stick- und Stricknadeln sind den Frauen unentbehr­lich. Die Vermuthung liegt nahe, daß die einst wegen ihrer Kunst­fertigkeit im Sticken so berühmten Babylonier und Phrygier die Er­finder der Nähnadeln sind. Schon zu Ende des 14. Jahrhunderts machten die Nadler zu Nürnberg eine eigene Zunft aus, und nicht zu verwundern ist es, daß das Nadlergewerbe bald eines der ange­sehensten und bedeutendsten, mit vielen Vorrechten und Privilegien ausgestattet wurde, da durch die immer mehr zunehmende Cultur, wie durch den sich steigernden Luxus der weiblichen Bekleidung der Be­darf an Nähnadeln immer bedeutender wurde. Auch Nähnadelfabriken sahen wir schon frühzeitig entstehen, wie es denn in der Natur der Sache lag, der Verfertigung dieses Kunstproduktes eine fabrikmäßige Einrichtung zu geben, indem damals jede Nähnadel, ehe sie fertig ward, unzählige Male (90120 Male sagt man) in die Hand ge­nommen werden mußte. Es war daher vor allen Dingen nothwen­dig, darauf Bedacht zu nehmen, diesen Zweig der Metallverarbeitung in einer Weise einzurichten, daß die Thätigkeit vieler hundert Per­sonen auf Einen Punkt concentrirt wurde und sich einander so genau in die Hände arbeitete, daß es möglich ward, Hunderttausende von Nähnadeln binnen kurzer Zeit und zu außerordentlich geringen Prei­sen herzustellen, was man nicht gekonnt hätte, wären alle zur Her­stellung Einer Nähnadel nöthigen Operationen, als Zurichten, Här­ten, Schleifen und Poliren immer Einem und demselben Arbeiter überlassen gewesen. Wie bekannt, müssen gute Nähnadeln aus einem mit Stahl versetzten Eisendraht verfertigt sein, eine scharfe Spitze und ein längliches Oehr haben, sich weder biegen noch leicht zerbrechen. Die besseren und feineren Sorten dieser Nadeln wer­den gewöhnlich als englisches Fabrikat in den Handel gebracht, und nicht zu leugnen ist es, daß die Nadelfabriken zu Birmingham und Sheffield ihren älteren deutschen Schwestern zu Weißenberg, Pappenheim in Bayern, und Gierwangen in Wirrtemberg, sowie in Karlsbad, Nürnberg, Augsburg und Fürth beinahe den Rang ab­gelaufen haben. Dennoch liefern auch die Fabriken, namentlich der letzteren vier Städte, eine sehr preiswürdige Waare, machen einen