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meine Gefährten am heutigen Tage, wo kein Lüftchen weht. Ich versuche sie durch die Versicherung zu trösten, daß wir noch andert- halbmal so viel Wärme bekommen werden, muß aber mit Bedauern sehen, daß mein Trostgrund als solcher nicht anerkannt wird. Die Barke wird langsam weiter gezogen; selbst den Matrosen scheint der 20. März zu heiß zu sein. Die Gänse und Störche beeilen sich, nach dem kühleren Deutschland zu wandern; wir sehen sie in Zügen von mehreren Tausend Individuen an uns vorüberziehen.
Der Djcbcl el Selseli ist in weiter Ferne in Sicht. TagS darauf geht eS mit schwachem Winde weiter; allmählig wird er stärker und artet plötzlich in einen so heftigen Sturm aus, daß er unser Schiff, ehe noch die Segel geborgen werden, mit Macht auf eine Sandbank schleudert. Alle Anstrengungen der Matrosen, die Dahab« wieder flott zu machen, sind vergeblich. Aali-Arha läßt sich von einem der Matrosen auf's feste Land tragen und sängt unter fürchterlichem Fluchen ungefähr zwanzig Fcllahhihn ein. Sie entkleiden sich und stemmen ihre Schultern an beide Seitcnwände des Schiffes. Seufzer, Gestöhn, unartikulirte Töne und zuletzt eine Art von verzweifeltem Gesänge regeln ihre gemeinsamen Anstrengungen. Die Dahab« schwimmt endlich wieder in gutem Fahrwasser. „^IIsk inasllum!" (Gott sei mit Euch!) rufen die Matrosen als einzigen Dank den Helfern zu. Die Barke fliegt jetzt den Strom hinan. Brausend brechen sich die Wogen am Bug des Schiffes, kein Segel ist geöffnet, zwei Mann regieren das Steuer und so geht cö schneller, als jedes Dampfschiff, den Wogen des Nils entgegen.
Solche Scenen kommen während einer Nilfahrt sehr oft vor, sind aber keineswegs so gefährlich, wie ängstliche Reisende wissen wollen. Die Araber behaupten: „Wer den Nil kennt, dessen Freund ist er auch," und baden nicht Unrecht. Man muß die scheinbare Nachlässigkeit des Egyptcrs erst wirklich kennen gelernt haben, ehe man ihn geradezu als den schlechtesten Schiffer verdammen will. Wer, wie ich, sämmtliche Katarakten des Nil überschifft hat, der weiß recht gut, daß es unter den Arabern so muthige