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schnell, daß eigentlich von einer Dämmerung gar nicht die Rede sein kann. In wenigen Minuten geht die Dunkelheit der Nacht in die Helle des Tages über. Allein diese wenigen Minuten vereinen auch alle die Pracht des Morgens in unserem Vaterlandc, und weil das herrliche Schauspiel sich so schnell entfaltet, gewinnt es (wenn etwas so hoch Erhabenes noch gewinnen kann) nur um so mehr an Reiz. Fünfzehn Minuten nach dem ersten Morgenlichte vergoldeten die ersten Strahlen der Sonne schon die Gcbirgszackcn des anderen Ufers *).
Mittags Rast bei dem Dorfe Dahle in der Nähe des Schel- lahl gleichen Namens. Um vier Uhr Nachmittags reite ich mit meinem Bruder den Lastkamelen voran. Wir verkürzen uns die Zeit in trauten Gesprächen von der Heimath und machen Pläne für die Zukunft.
Am 22. April. Unser großer Hund hat sich in dem glühenden Sande die Beine verbrannt und kann nicht weiter laufen. Wir nehmen ihn aufs Kamel, obgleich dieses mit mancherlei Unannehmlichkeiten verbunden ist. Beim Hinausreiten aus einem Mimosen- wäldchen empfängt uns ein heftiger Chamasihn, welcher auch mit voller Stärke anhält. Gegen Mittag kommen wir zu einer einzeln stehenden Hütte, wo wir von zwei bildschönen Berberinnen mit Milch bewirthet und gar freundlich ersucht werden, die Gastfreundschaft des ärmlichen Hauses anzunehmen. Leider müssen wir ihr Anerbieten ablehnen und reiten weiter. Bei der Sakhle el Aa- bihd (dem Schöpfrade des Sklaven) halten wir Rast und theilen unsere Hütte mit mehreren Takruhripilgern, welche nach Mekka ziehen.
Sakh'ie el Aabihd ist der erste Ort im Dahr el Sukoht.
*) Zimmermann sagt in seinem „Populären Handbuche der physischen Geographie", dritte Auflage, Seite 486: „In jenen Gegenden, in welchen die Luft rein und durchsichtig ist, hat man (wie schon in Italien) Morgen- und Abendröthe nicht" u. s. w. Diese Behauptung des gelehrten Herrn Verfassers jenes vortrefflichen Werkes ist irrig. Gerade da, wo die Luft ganz rein ist, habe ich die Morgenröthe oft in unübertrefflicher Schönheit gesehen.