historischen Schätze von Tag zu Tage anwachsen und waren glücklich, sehr glücklich darüber-
„Doch mit des Geschickes Mächten,
Ist kein ew'ger Bund zu flechten Und das Unglück schreitet schnell!"
Ja wohl, es schreitet oft so schnell, daß das arme Menschenherz seine Schläge noch gar nicht begreifen kann, wenn sie es schon beinahe vernichtet. Ich muß hier eine Geschichte niederschreiben, von welcher jedes Wort noch heute in meinem Innersten an eine zitternde Saite schlägt und dumpf und traurig wiedcrhallt.
Es war am 8. Mai 1850, Mittwochs vor dem Himmel- fahrtsfeste, als wir Beiden, mein Bruder und ich, wie immer uns gegenseitig bei unseren jetzt sehr gehäuften Arbeit unterstützend, zuletzt so ermatteten, daß wir gegen Abend nach einem kühlenden Bade im Nike verlangten. Nahe bei der Stadt liegt eine stille Bucht im Strome, welche nur an ihrem unteren Ende mit demselben vereinigt, zum größten Theile von einer Sandinsel umgeben und vollkommen frei von Krokodilen ist. Zudem ist dort das Wasser auch so ruhig, daß sie einem See gleicht. Dort wollten wir baden. ES gibt wahrhaftig manchmal Augenblicke im Leben, in denen es uns fast scheint, als wolle eine warnende, prophetische Stimme in unserem Innern dem harten Spruche des Schicksals entgegenwirken, als spräche ein guter Genius, den der gütige Gott in unser Herz gelegt. So kam mir heute im Laufe des Nachmittags, ganz ohne Ursache, das Lied in den Sinn: „Morgenroth, Morgenroth, leuchtest mir zum frühen Tod" u. s. w. und die Weise vor mich hinsummcnd, sang ich dann laut, mich zu meinem Bruder wendend:
„Prahlst Du gleich mit Deinen Wangen,
Die wie Gold und Purpur prange»,
Ach, die Rosen welken all'!"
Doch wir gingen ohne Besorgniß zum Baden. Oskar hatte schon oft in dieser Bucht gebadet, nur war sie weiter oben so seicht, daß das Wasser dort unangenehm warm wurde. Wir suchte» eine tiefere Stelle. Da wurde mein Bruder leichenblaß und sagte: