Dokument 
Zweite Reise nach dem Sudahn, Reise nach dem Sinai und Heimkehr
Entstehung
Seite
65
Einzelbild herunterladen

65

nicht mehr wußte, wo er sich befinde. Zum Glücke trafen wir endlich einen Baum, an welchem eine Nomadenfamilie ihre Ge- räthschaftcn aufgehangen hatte. Und da hing auch ein halbgefüll­ter Wasserschlauch. Unmöglich kann ich den Jubel, welcher jetzt laut wurde, beschreiben. Wir fühlten, daß wir den Durst nicht lange mehr hätten aushalten können und würden diesen Wasser- schlauch mit den Waffen in der Hand genommen und eher unser Leben, als ihn gelassen haben, wenn uns Jemand verwehrt haben wollte, zu trinken. Aber weit und breit war Niemand zu sehen. Das Wasser war jedenfalls zum Bedarfe der Hirten dahin gebracht worden, welche öfters mit ihren Heerden hierher kommen mußten. Es war schlecht und lauwarm, für unsere verdorrten Lippen aber eine köstliche Erquickung. Auch unser armer Hund wurde nicht vergessen und leckte begierig eine volle Kürbisschaale aus.

Der Chabihr versicherte uns jetzt, daß wir den Fluß sehr bald erreichen würden und nahm aus diesem Grunde und auch deshalb kein Wasser mit, weil wir, wie er sagte, unmöglich unsere Sim- senüaht füllen könnten, ohne den Besitzer des Schlauches vielleicht in die größte Noth zu versetzen. Wir ritten eilig weiter und hat­ten bald eine vor uns liegende Hügelreihe überschritten, von wel­cher aus wir die Nilgebirgc sehen sollten; allein vor uns lag ge­rade wieder eine so leere Ebene als vorher. Heerden von Scha­fen und Ziegen weideten zerstreut unter den Mimosenbüschcn, ohne daß wir einen Hirten bei ihnen bemerken konnten. Nach einiger Zeit stöberten unsere Kamele einen Trappen auf, der uns zur Jagd anspornte, aber scheu entfloh, als ich mich ihm mit meiner Büchse zu nähern versuchte. Dann kamen wir in einen Chohr, welcher eine lebhafte Vegetation erzeugt hatte. Wir sahen schöne, große Bäume mit dichtbelaubten Kronen und dicken, saftigen Blättern. Die Kamele, welche in ziemlicher Anzahl in diesem Chohr weide­ten, rühren nach Aussage der Araber die Bäume nicht an.

Nach zweistündigem Ritte kamen wir zu einem anderen Bau­me, unter welchem Leute schliefen. Das Niederlegen unserer Ka­mele erweckte zuerst ein Mädchen mit chocoladenbrauncr Hautfarbe, sehr feinem und scharf markirtem Gcsichtsschnitte, rothen Lippen,

m. 5