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Zweite Reise nach dem Sudahn, Reise nach dem Sinai und Heimkehr
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machte ich ihm den ersten Besuch. Er empfing mich, nachdem er meinen Firmahn angenommen und gelesen hatte, sehr höflich. Man brachte Tschibukaht und Kaffe. Der Pascha unterhielt sich mit mir in italienischer Sprache und brachte bald das Gespräch auf den weißen Fluß, welchen zu bereisen ich mir vorgenommen hatte. Im Laufe desselben entwickelte er sehr scharfsinnige Gedanken über Be- schiffung desselben behufs der Entdeckung seiner Quellen, brachte aber auch einige Ungereimtheiten mit zu Tage. So erzählte er von einem hohen Berge im oberen Stromgebiete des Flusses, wel­cher hin und her schaukle und von heftigen Winden bewegt werde. Derselbe müsse, glaube er, auf einer Lage von Quecksilber, wel­ches er wahrscheinlich bloß in flüssiger Form kennen mochte, ruhen. Im Uebrigen hatte der Mann aber sehr vernünftige Ansichten. Wir wurden in unserm Gespräche durch das Erscheinen des früheren Gouverneurs Hahlid-Pascha und Hassan-Pascha's unter­brochen. Letzterer, ein ehrlicher, biederer Türke, ist einer der edel­sten Familien entsprossen und half dem Vizckönig Aabahs-Pa­sch a so zu sagen auf den Thron, sprach sich aber über mehrere von seinen unheildrohendcn Regierungsmaßregeln so rücksichtslos of­fen aus, daß ihn der Pascha zu fürchten anfing und sich seiner zu entledigen suchte. Er schickte den alten Mann nach Kassahn in die Verbannung, hoffend, daß das mörderische Klima Ost-Su­dahns oder die beschwerliche Reise von dreihundert und mehr deut­schen Meilen dahin wohl das Leben des Greises enden würde. Aber die Vorsehung vereitelte den Plan des brutalen Menschen. Ein Engel wachte über dem Leben Hassan-Pascha's; seine zahlrei­chen Freunde brachten es beim Sultahn Aabd-el-Mcdjihd zuletzt dahin, daß Aabahs-Pascha einen derben Verweis und den be­stimmten Befehl erhielt, Hassan-Pascha sogleich nach Egypten zu­rückzurufen.

Aabd-el-Latief-Pascha ist ein schöner Mann von vier­zig und einigen Jahren, mit sehr schlauem, regelmäßigem und ein­nehmendem Gesichte, dichtem, schwarzem, gut gehaltenem Barte und dunkeln, stark gewölbten Augenbraunen. Er ist in Tschcrkessien ge­boren, wurde als Sklave nach Konstantinopel verkauft, gelangte