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Zweite Reise nach dem Sudahn, Reise nach dem Sinai und Heimkehr
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kaum hinreichend, eine einzige Familie zu ernähren. Darüber hin­ausgehend, kommt man unmittelbar in das Reich der Steine. Von den Gipfeln der Berge aus steht man nichts Anderes, als Felsen und Sand vor sich. Es scheint, als ob der Zorn Gottes diese Einöde erschaffen hätte. Chaotisch verwirrt liegen die schwarz- glühenden Felsmassen in ungemessener Ausdehnung vor dem Auge. Erschreckt wendet man immer und immer wieder den Blick dem Strome zu. Er ist das einzige Lebende in dem Reiche des To­des.

Nach dem Aassr legt man bei einigen Hütten an, welche Sa- lamaht genannt werden. Um dem kulturfähigen Lande nicht Ab­bruch zu thun, sind sie auf den Felsen gebaut. Ihre Bewohner sind unaussprechlich arm. Und dennoch genießen sie eines großen Glückes: sie sind so gesund, daß man Krankheiten nur dem Na­men nach kennt. Der Mensch wird hier geboren, wächst empor, zählt seine Jahre nach dem Steigen und Fallen des Nil und weiß nur, daß er alt geworden, wenn sich sein Haar bleicht, sein Rük- kcn krümmt und wenn die Glieder ihre Dienste versagen. Und wenn dann seine Zeit abgelaufen, stirbt er dahin, ohne zu wissen wie, ohne es gefühlt zu haben, daß der Tod sich naht.

Wir haben heute eine Wegstrecke von zwanzig Stunden zu­rückgelegt.

Der heftig wehende Nordwind des anderen Morgens zwingt uns, gegen Mittag bei dem Dorfe Suhr anzulegen. Die weni­gen Hütten desselben werden von den Matrosen in Beschlag ge­nommen. Gegenüber liegt am anderen Ufer das Schloß Kahb. Unsere Löwin, Bachieda, kommt uns in das Dörfchen nachge­laufen und will sich ein Schaf rauben. Glücklicher Weise rette ich noch das schon erfaßte Lamm vom Tode. Nachmittag fahren wir noch eine kurze Strecke weiter hinab und legen oberhalb eines Schel« lahl an.

Am 2. September. Reis Solimahn mahnt sehr früh zur Abfahrt. Wir überfahren einen ziemlich jähen Wassersturz trotz des uns hindernden Gegenwindes mit großem Glücke, gelangen

III. 19