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Zweite Reise nach dem Sudahn, Reise nach dem Sinai und Heimkehr
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Osten zu enden es mit einem Chor, in dessen Halbkuppel wir ein Mosaikbild bemerkten. Einzelne Kruzefire und Rcliquienschreine waren reich mit Edelsteinen geschmückt. An den Wänden der Kirche hingen viele Heiligenbilder.

Die Amtshandlung begann. Jeder der Mönche hatte einen der Stühle eingenommen und bekreuzigte sich, während ein Geistli­cher die Messe las, häufig und andächtig. Nur der alte Prior saß in seinem Lehnsessel; alle Nebligen standen und neigten sich mehrere Male fast bis auf den Fußboden. Uns war der Got­tesdienst vollkommen unverständlich. Zum Schlüsse ertheilte der Abt allen Anwesenden seinen Segen, worauf sich die Meisten ent­fernten. Wir blieben, um uns noch die Merkwürdigkeiten der Kirche zeigen zu lassen. Zuerst führte man uns nach einer Kapelle, welche die Stelle des heiligen Busches bezeichnen sollte, wie überhaupt die Unwissenheit der Pfaffen für jede in der Bibel erzählte Bege­benheit die wirkliche Stelle anzugeben weiß. So sieht man in der Nähe des Klosters auf fast allen hervorragenden Punkten Kreuze aufgerichtet, ohne daß man eigentlich weiß, wozu. Beim Eintrittc in die Kapelle mußten wir die Schuhe ausziehen und durften nur in bloßen Strümpfen die auf dem Fußboden liegenden Teppiche be­treten. Wenn ich nicht irre, zeigte man unS in einem Glasschranke den heiligen Busch selbst.

Dann gab es noch mit Diamanten geschmückte Meßbücher, Teppiche, Bilder, Bischofsstäbe, Kelche, WcihrauchSbcckcn, Kan­nen und andere Gcräthschaften zu sehen. In der Nähe des Altars machte uns der Mcßner auf eine steinerne Truhe aufmerksam, welche die Ucberreste Katherina's, der Schutzheiligen dcS Klo­sters , enthalten sollen. Die Lebens - und Leidensgeschichte der Ein­siedlerin ist kurz folgende:

Katharina war die einzige Tochter eines Königs von Egyp- ten, gleich ausgezeichnet durch Verstand, Schönheit und Tugend, allein eitel auf diese Vorzüge, ein unerreichbares Kleinod für alle die königlichen Freier, welche sich ihr nahten; denn nur Der, welcher ihr an Verstand und Schönheit gleichkomme, sollte ihr Gatte werden. Und wo fand sich unter den hundert Prinzen, die