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Zweite Reise nach dem Sudahn, Reise nach dem Sinai und Heimkehr
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nicht weit davon eine kleine, dem Ellas geweihte Kapelle. Nun hat man den letzten Gipfel des Sinai vor sich und etwa noch sechs­hundert Fuß zu steigen. Dort liegen eine kleine Moschee und eine christliche Kapelle friedlich neben einander. Auch sie sind mit euro­päischen und arabischen Namen beschrieben worden.

Die Aussicht von Oben ist ziemlich schön, leider aber im Sü­den durch den höheren Djebcl Katharina sehr behindert. An hellen Tagen kann man den Meerbusen von A kaba und den von Suös sehen; wir konnten heute blos die Wasserfläche des ersteren wahr­nehmen. Ich habe den Weg nicht belohnend gefunden. Das In­teresse an der Geschichte des Berges ist das Einzige, was ihn an­ziehend machen kann und dieses wird durch die gräuliche Ignoranz der Klosterpfassen, welche den ganzen Berg mit ihren Traditionen in Stücke zertheilen zu wollen scheinen, sehr geschwächt. Der Schwung der Phantasie wird durch Kreuze und andere Zeichen, die überall angebracht sind, aufgehalten; der aufgezwungene Glaube stört die Betrachtungen Dessen, der da glaubt, ohne beständig Mahnungen s zu bedürfen, daß er glauben soll.

Am 2 4. November. Am frühen Morgen erschienen die Pfaffen in feierlichem Aufzuge in unserem Zimmer, um uns zu er­klären, daß es heute der fünfte Tag sei, den wir im Kloster zu­brächten und da auf einen glänzenden Bakhschiesch von unserer

Seite nicht zu rechnen sei, so-die Thüre stände uns offen.

Wir nahmen diesen wohlmeinenden Borschlag ohne Weiteres an. Doch fühlte ich ein lebhaftes Bedürfniß in mir, ihnen aus einan­der zu setzen, daß sie doch eigentlich, bei Lichte betrachtet, die ärgsten Schufte wären, welche jemals in einer Mönchskutte ge­steckt hätten, und ihnen zu versichern, daß ich alle Reisende vor ihren Gaunereien warnen würde. Sie erwiderten Nichts, bedauerten aber, wie mir Pietro sagte, im Stillen einmüthig meine gren­zenlose Verdorbenheit.

Nun ging ich zum Jusbaschi der Klosterwache und brachte ^ es durch ein sehr energisches Auftreten bald dahin, daß uns Kamele geliefert wurden. Wir beschenkten den Geistlichen, der uns bedient hatte, sehr reichlich, schnürten unser Gepäck, zankten uuS nochmals

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