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Ruhe der Ermüdung ein, der Gesang verstummte, wir stiegen von den Kamelen und streckten uns auf unsere Teppiche in den weichen Sand der Steppe. Noch sah ich die bunten Bilder des Gesanges vor meinen Augen vorüberhuschen, doch mehr und mehr verdunkelten sie sich.
„Allmählich fühl' ich um mein Auge
Sich leise Schlummerfäden weben.
Mein Liebster ist von Wonne trunken.
Ob meine Lieder auch vorschweben!"
Am 5. Juni. Noch lag der Schleier der dunklen Nacht über der Wüste ausgebreitet, da saßen wir schon wieder im Sattel und ritten weiter. Wir befanden uns jetzt in dem „Gohs." Es ist eine hügelige und wellenförmige Strecke mit tiefem, leichtem Sande, ohne Bäume und fast ohne alle Vegetation. Die Kamele traten oft fußticf in das trockene Erdreich und kamen nur langsam weiter.
Beim Aufgangc der Sonne war der ganze Himmel mit fahlen Dünsten umzogen, die Temperatur war im höchsten Grade schwül und lästig und nöthigte uns bald, einen kühlen Rastort zu suchen. Unsere Lastkamcle waren so matt, daß mehrere mit ihren Ladungen stürzten, weshalb diese bedeutend erleichtert und. trotz der Einwendungen der Treiber, den Wasserkamclcn aufgeladen werden mußten, deren Schläuche schon größtentheils geleert waren. Der Wassermangel wurde um so fühlbarer, weil auch ein Kamel stürzte, welches mit Wasserfässcrn, in denen wir unser Trinkwasser aufbewahrt hatten, beladen war. Dieses schmeckte noch immer erträglich gnt, während es uns schlechterdings unmöglich war, das Schlauchwafscr zu trinken. Daß wir bald einen Samuhm bekommen würden, wußten wir, und sahen nur mit großer Besorgniß den nächsten Tagen entgegen. Es galt jetzt, so schnell als möglich den Nil zu erreichen. Wir änderten sogleich unsere Richtung und zogen statt süd-südöstlich jetzt südöstlich weiter. Mein Rcitkamcl mußte mit einem anderen vertauscht werden, weil es sich kaum selbst weiter fortschleppen konnte, und ging unbcladen neben der Karawane her.