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nachherigen Konsul vr. Reitz, daß er in der größten Gefahr geschwebt habe, durch mich sein Leben zu verlieren.
Am 28. Juni. Abends kamen Briefe aus der Heimath und vom Baron Müller an. Einer der letztem enthielt so schwere Beleidigungen, daß ich unmöglich länger in irgend einem Verhältnisse mit diesem Manne bleiben konnte, zumal da er sich von uns losgesagt und uns angekündigt hatte, daß er vor der Hand kein Geld weiter schicken werde. Ob wir dadurch in die größte Noth versetzt werden würden oder nicht, schien ihm gleichgültig zu sein. Ich schrieb ihm sogleich, daß ich mich von heute an aller Verbindlichkeiten gegen ihn überhoben fühle, bis zu seiner Ankunft aber, welche seinem mir schriftlich gegebenen Versprechen gemäß Mitte Juli erfolgen sollte, noch meine Funktionen versehen würde. Zugleich forderte ich ihn auf, mir die nöthigen Gelder zur Heimreise — einer Reise von mehr als sechshundert deutschen Meilen! — zu übersenden. —
In der Nacht hatten wir den ersten Gewitterregen. Das Gewitter selbst war nicht heftig. Am andern Morgen war die Natur wie neu geboren. In unsrer Laube herrschte eine wahrhaft wohlthuende Kühle; im Garten sahen die Gebüsche noch einmal so frisch aus, als früher.
Die beiden Flüsse sind seit einigen Tagen regelmäßig gestiegen. Am blauen Flusse sieht man das besser, als am weißen. Das Wasser des ersteren ist schon jetzt dunkel lehmroth gefärbt- während das des weißen Stromes kaum trüber geworden ist.
Am 11. Juli. Man feierte gestern den Anfang des Fasten- monatS Ramadtahn. Auf dem freien Platze vor der Mudir're oder dem Regierungsgebäude der Provinz Charthum versammelte sich gegen drei Uhr Nachmittags eine Menge von Gesinde! um ein Bataillon Soldaten herum. Diese waren in Gala erschienen, d. h. die Offiziere trugen scharlachrotste, überreich und höchst geschmacklos mit Gold verzierte Jacken; die Gemeinen waren wie gewöhnlich gekleidet. Die Regimentsmusik dudelte schauerlich verstümmelte Kriegs-
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